Subvokalisieren im Speed Reading
Subvokalisieren (Deine innere Stimme) – Tempobremse und Verständnishilfe
Eines der heißesten Themen im Speed Reading ist das Subvokalisieren – ein vermeintlicher Fachbegriff, mit dem man wie in so vielen nicht wissenschaftlichen und semiwissenschaftlichen Bereichen Eindruck schindet; oder zumindest Eindruck schinden möchte. Hinter diesem Begriff verbirgt sich nichts anderes, als die innere Stimme, die beim Lesen den Text mitspricht. Vermutlich kennst Du diese auch. Wenn Dir aber bislang nicht wirklich bewusst war, dass Du das Gelesene innerlich subvokalisiert, achte in Zukunft einfach einmal darauf. Sicherlich wirst auch Du diese innere Stimme entdecken.
Welches Problem aber hat man nun im Speed Reading mit dieser inneren Stimme, die ja eigentlich nun wirklich niemanden stören sollte? Ganz einfach: Sie stört Deinen Lesefluss und bremst Dein Lesetempo! Wenn Du ausführlich subvokalisierst und Deine innere Stimme jedes gelesene Wort mitspricht, wirst Du nie wesentlich schneller lesen können als Du sprichst.
Die meisten Speed Reading Trainer werden Dir erzählen, Dein Ziel müsse es sein, diese innere Stimme abzustellen, koste es was es wolle. Gerade auch in Seminaren und Speed Reading Kursen ist die Frage „Wie stelle ich meine innere Stimme ab?“ die wohl häufigste. Dafür existieren dann auch ziemlich abgedrehte Übungen und Methoden, bei denen Du beim Lesen das Alphabet aufsagst, den Text Deines Lieblingssongs vor Dich hin murmelst oder ganz bewusst und intensiv Kaugummi kaust. Du kannst das gerne mal ausprobieren – wirklich funktionieren wird das allerdings nicht. Sobald es Dir gelingt, Deine innere Stimme zu 100 Prozent abzuschalten, wirst Du kaum noch etwas vom Inhalt des Textes verstehen.
In der Arbeit mit meinen Studenten, aber auch in zahllosen Speed Reading Seminaren mit Berufstätigen habe ich gemerkt und anhand unterschiedlicher Tests auch belegt, dass es absolut unnötig ist, diese innere Stimme abzustellen, um Lesetempo und Leseeffizienz zu erhöhen. Vielmehr ist es sinnvoll, mit dem Subvokalisieren bewusst umzugehen. Dazu hier nun 5 Tipps:
1. Deine innere Stimme als Verständnishilfe
Bei wichtigen und besonders anspruchsvollen Texten, bei denen zahlreiche Fremdwörter, komplizierter, verschachtelter Satzbau und komplexe Inhalte das Verständnis erschweren, ist die innere Stimme eine tolle Verständnishilfe. Gerade wenn Du Dich dabei ertappst, eine kaum verständliche Textstelle ein drittes und viertes Mal zu lesen, solltest Du ganz bewusst subvokalisieren und Dir den Text lautlos selbst ‚vorlesen‘:
- Achte dabei darauf, gezielt Pausen zu machen.
Variiere das Tempo gezielt und werde bewusst etwas langsamer. - Betone – beim lautlosen Lesen natürlich etwas gewöhnungs- und übungsbedürftig – besonders stark.
- Das heißt: Gerade wenn Lesematerial besonders schwierig wird, solltest Du ganz bewusst auf Deine innere Stimme horchen und diese bewusst wahrnehmen.
2. Deine innere Stimme als Hilfe beim Behalten von Inhalten
Wenn Du den Inhalt eines Textes hinterher wiedergeben musst – vielleicht bei einem Vortrag oder in einer Besprechung – solltest Du nach einem schnellen, zügigen Lesen den Text auch noch einmal bewusst langsamer lesen und dabei ebenfalls ganz bewusst auf Deine innere Stimme hören. So werden sowohl Inhalt als auch einzelne Formulierungen besonders gut hängen bleiben. Viele meiner Studenten berichten davon, sich in Referaten regelrecht dabei zu ertappen, wie sie unbewusst Formulierungen verwenden, die aus Texten stammen, die ganz bewusst gelesen wurden.
3. Ideen und Konzepte statt einzelner Wörter
Wenn es Dir jedoch um ein wirklich maximales Tempo geht – und selbstverständlich ist dies das zentrale Ziel im Speed Reading – ist es notwendig, den eigenen Blick von einzelnen Wörtern zu lösen und eher Ideen, Konstrukte und Zusammenhänge wahrzunehmen. Dein Subvokalisieren wird dabei automatisch weniger werden. Deutlich wird das an der Abkürzung „z.B.“ Sicherlich wirst Du diese nicht tatsächlich „zum Beispiel“ aussprechen müssen, um ihren Sinn zu erfassen. Erfasse, was der Autor aussagt, nicht wie und mit welchen Worten er dies tut.
4. Tempo, Tempo, Tempo!
Zwinge Dich zu deutlich schnellerem Lesen. Setze die Orientierungshilfe, das klassische Werkzeug des Speed Reading ein, um Dich zu einer höheren Lesegeschwindigkeit zu zwingen. Wenn es Dir gelingt, Deine Augen so zu konditionieren, dass sie der Orientierungshilfe folgen, wird Deine innere Stimme kaum noch Schritt halten können, da Du die Inhalte des Textes schneller wahrnimmst, als sie die vom Autor verwendeten Wörter aussprechen kann. Gerade deshalb führen wir in den einzelnen Seminaren zum schnellen Lesen gezielt die unterschiedlichsten Tempoübungen durch.
5. Tempo variieren
Achte darauf, dass Du ganz gezielt in unterschiedlichen Geschwindigkeiten liest. Lies einzelne Textstellen – wenn Du sie bereits kennst, überfliegen möchtest oder sie Dir weniger wichtig erscheinen – in einem extrem hohen Tempo, so dass Deine innere Stimme zu einem unverständlichen Murmeln wird. Lies andere, besonders wichtige oder anspruchsvolle Textstellen deutlich langsamer und subvokalisiere dabei ganz bewusst.
In aller Kürze
- Subvokalisieren, Deine innere Stimme, bremst Dein Lesetempo.
- Dennoch wird das Thema Subvokalisieren im Speed Reading überbewertet.
- Setze Deine innere Stimme gezielt ein, um schwierige Texte zu verstehen und Inhalte wiedergeben zur können.
- Erfasse Inhalte statt einzelne Wörter.
- Steigere Dein Lesetempo, bis Deine innere Stimme nicht mehr Schritt halten kann.
- Variiere Dein Lesetempo und sorge dafür, dass Dein Subvokalisieren zwischen klarer, deutlicher innerer Stimme und unverständlichem Murmeln schwankt.